
Als Anarchistische Gruppe ist es für uns sehr wichtig, uns am Dezentralen Aktionstag gegen Repression zu beteiligen. Denn neben unserer eigenen politischen Überzeugung brauchen wir zur gegenseitigen Unterstützung uneingeschränkte Solidarität. Nach dem G20 haben die Sicherheitsbehörden die Gelegenheit genutzt, gegen die linke Szene vorzugehen, dabei neue Methoden zu testen und das Feindbild von angeblich gewalttätigen Linksextremist_innen zu festigen. Ihr alle kennt zum Beispiel die Arbeit von der SoKo „Schwarzer Block“. Deren Vorarbeit mündet jetzt nahtlos in die sogenannten „Elbchausee“- und „Rondenbarg“ -Verfahren.
Wir als Anarchist_innen wissen, dass wir vom Staat und seinen Gerichten keine sogenannten fairen Prozesse erwarten brauchen. Sie dienen ebenso wie der Sicherheitsapparat der Herrschaftsicherung und nicht der Gerechtigkeit, schon gar nicht in unserem Sinne.
Wenn jetzt am 3. Dezember das Rondenbarg-Verfahren beginnt, ist es wichtig noch einmal einen Blick auf den Prozess und die Urteile zur Elbchaussee zu werfen. Das Verfahren gegen fünf Angeklagte ist im Juli nach 1,5 Jahren Dauer zu Ende gegangen. Vor dem Jugendgericht wurden zwei damals noch Jugendliche jeweils zu Arbeitsstunden, zwei weitere Angeklagte zu Bewährungsstrafen und Loïc aus Frankreich zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Loic hat in seiner Prozesserklärung die Proteste gegen den G20-Gipfel und ihre Legitimität in einen größeren politischen Kontext eingeordnet. Es lohnt sich, diese Erklärung zu lesen.
Dieses Urteil kam zustande, obwohl vier der fünf Aktivisten keine eigenhändige Straftat zugeordnet worden ist. Schon im Verlauf des Verfahrens war unübersehbar geworden, dass es dem Gericht ausschließlich um eine Verurteilung ging: offensichtliche Pfuschereien bei den Ermittlungen, systematische Beweisfälschungen seitens der SoKo „Schwarzer Block“ und manipulierte Zeug*innenaussagen – alle Manipulationen, die uns Linken vor Gericht bekannt genug sind, wurden angewandt. Am Ende konnte 4 Angeklagten einzig und allein die Teilnahme an dem Protestzug, der sich während des G20-Gipfels durch die Hamburger Elbchaussee bewegt hat und aus dem heraus es zu Angriffen gegen Schaufenster und Autos kam, zugeordnet werden. Auch die Vorwürfe gegen Loic haben sich auf zwei Flaschenwürfe beschränkt, die weder Personen noch Gegenstände getroffen haben. Aber durch die Konstruktion der Staatsanwaltschaft, dass allein das Mitlaufen in einer militanten Gruppe eine sogenannte psychische Beihilfe darstelle und somit alle Anwesenden für jede einzelne Aktion anderer haftbar gemacht und bestraft werden können, wurde eine Verurteilung zu so hohen Strafen möglich.
Der Elbchauseeprozess zeigt uns 2 wichtige Sachen: Den unbedingten Willen der Strafverfolgungsbehörden, für die Ereignisse während des G20 Gipfels Schuldige zu präsentieren und den politischen Willen, jeglichem Protest die Berechtigung abzusprechen und ihn dadurch zu kriminalsieren.
Dieser politische Prozess hat lehrbuchhaft die Prinzipien der politischen Justiz aufgezeigt. Der Staat will linke Bewegungen gesamt delegitimieren und alle Aktivist_innen einschüchtern. Er will uns sagen, bleibt daheim, beteiligt euch nicht an politischen Aktionen, denn wir können euch alle drankriegen.
Und auch wenn zugegebenermaßen diese Urteile auf den ersten Blick abschreckend wirken können, muss unsere Antwort neben der Solidarität mit den Verurteilten heißen: Ab auf die Straße, wir lassen uns nicht unterkriegen! Wir nehmen den Angriff auf unsere elementaren Rechte nicht hin. Gleichzeitg müssen wir der Repression gegenüber einen aktiven, selbstbewussten und selbstbestimmten Umgang finden. Und wir werden weiterhin unsere Entwürfe von einer gerechten, emanzipierten und herrschaftsfreien Gesellschaft auf die Straße bringen und all den Herrschenden entgegensetzen, sie sind wichtiger denn je.
Jetzt gilt es auch von hier aus, so wie heute, die weiteren Prozesse zu Rondenbarg zu begleiten. Das Gericht hat in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich betont, dass mit dem Urteil kein Präzedenzfall für die Beurteilung anderer Demonstrationen ergangen sei. Es hat sich damit vor allem auf die Verfahren zum Rondenbarg bezogen. Es bleibt aber das Gegenteil zu erwarten.
United we stand! Solidarität ist und bleibt unsere stärkste Waffe!
Ein Gedanke zu “Rede: Tag X, 28.11.2020”