Keine Gewinne auf unsere Kosten!

Unsere Redebeitrag beim Bündnis für soziale Gerechtigkeit, Frieden, Solidarität vom 06.11.2022

Angesichts der sogenannten Energie-Krise, der Gas-Knappheit, der Verteuerung von Lebensmitteln und dem Klimawandel, der durch den Krieg in der Ukraine für die Herrschenden wieder mal hinten Anstehen muss, stellen wir wie immer fest: Der Kapitalismus bringt uns keinen Wohlstand. Weniger noch: er bringt uns nicht einmal Lösungen, die uns satt machen oder warm halten können! Alle aktuellen Probleme zeigen aufs Neue: Kapitalistische Interessen sind das Problem! Der Kapitalismus ist die Krise!
Im kapitalistischen Wirtschaftssystem wird die Individualisierung und Vereinzelung von Menschen bewusst vorangetrieben. Nur so sind wir am besten für Arbeit und Konsum nutzbar. Wo die Menschen sich nur als Individuen begreifen, als Personen, die gegeneinander um Arbeitsplätze, Wohnraum oder Nahrung konkurrieren, da leisten sie keinen Widerstand gegen Angriffe von oben.

Da wird eine Kündigung der Arbeitsstelle oder der Vermieterinnen oder ein Ablehnungsbescheid des Job-Centers als individueller Schicksalsschlag gesehen und nicht als Phänomen, das tagtäglich tausende Menschen betrifft. In so einer Gesellschaft kann sich Teilen nur als neues schickes ökonomisches Modell durchsetzen, als hipper Lebensstil, und muss erst als “Sharing economy” vermarktet werden. Selbst das Schnorren von Übrig Gebliebenem in Restaurants wird unmöglich gemacht, denn jetzt kannst du einfach die Reste kurz vor Ladenschluss billiger kaufen – toll für’s Gewissen der Einzelnen, wenn sie es nicht besser wissen. Kein Konsum, ohne dass zum Schluss doch noch jemand daran verdient. Das ist das Prinzip dieses Wirtschaftssystems. Während der Konsum der reichsten Menschen der Welt unangetastet bleibt, wissen andere – nicht erst seit diesem Jahr – nicht wie sie durch den nächsten Monat kommen sollen. Auf der einen Seite haben wir teure Flugreisen und Urlaub, Wohnungen und Häuser mit Pools, die mit Trinkwasser befüllt werden. Allein schon die Kleidung, deren Preise für manche Menschen ein Jahreseinkommen sind. Auf der anderen Seite steht ein Großteil der Menschheit: Wer die Angst vor dem Winter bis jetzt nicht kannte, lernt sie doch noch.

Während die einen im Überfluss leben, trauen sich Hungernde und Frierende bald nicht mal mehr zu überleben. Zum Schluss steht ihnen doch die Moral des Systems im Weg. Ja, wir sind Individuen, aber eben auch kollektive Wesen, die einander brauchen. Sowohl für Freundschaft und Familie als auch für die Produktion des Lebensnotwendigen. Wir können uns selbst organisieren! Auf unseren Arbeitsplätzen oder als Erwerbslose, in den Stadtteilen und Nachbarschaften… Es braucht nur einen kleinen Schritt, um die Vereinzelung zu durchbrechen und zu sehen: Wir sind mit unseren Problemen nicht allein! Wir können unsere eigenen kollektiven Antworten finden. Der Vorschlag, für Menschen, die ihre Heizkosten nicht mehr bezahlen können, “Wärmestuben” anzubieten, mag auf den ersten Blick positiv erscheinen, ist aber unwürdig. Denn statt von Haushalten mit verschwenderischem Lebensstil zu fordern, sich zum Beispiel auf ein Zimmer zu beschränken, wird der Zustand von armen und geringverdienenden Menschen als gegeben hingenommen und von ihnen werden immer weitere Opfer verlangt. Was meistens nicht zur Sprache kommt: Viele Menschen mit geringen Einkommen oder Hartz IV haben schon in den letzten Jahren im Winter gefroren. Sie konnten sich schon vorher die Energiekosten nicht leisten! Jetzt trifft es noch mehr Menschen, aber dass überhaupt jemand frieren muss, weil kein Geld zum Heizen übrig ist, ist untragbar! Wir als Anarchistinnen glauben an keine Gerechtigkeit im bestehenden System.

Dennoch müssen auch wir uns im hier und heute mit der Not der Menschen auseinandersetzen. Das Aus der geplanten Gasumlage und eine Deckelung der Energiepreise war das notwendige Muss für diesen Winter und die Regierung ist Verursacherin und nicht Retterin. Als würde das nicht schon reichen, setzt die massive Inflation den Menschen schon vor dem Winter zu und es mangelt am Lebensnotwendigen.
Wir schließen uns dem Motto “Solidarity not Charity” oder “Solidarität statt Wohltätigkeit” an. Die Strukturen sind Mist! Wohltätigkeit läuft ausnahmslos auf eine Bevormundung hinaus. Solidarität dagegen bedeutet Unterstützung wo nötig, aber es bedeutet auch einen politischen Kampf gegen die Strukturen. Solidarität bedeutet, gegenseitige Hilfe und zu unterstützen, dass Menschen ihre eigenen selbstorganisierten Strukturen aufbauen können.

Konkret heißt das: kollektive selbstorganisierte Räume für den Winter und auch den Sommer. Wir müssen gezielt die Vereinzelung durchbrechen!


Es ist an der Zeit, dass wir auf der Straße klar machen, dass wir Gewinne auf unsere Kosten nicht weiter akzeptieren werden: Wir fordern die Reichensteuer und eine Übergewinnsteuer. Schluss mit sinnlosen Subventionen wie der 3-monatige Tankrabatt, der konsequent in den Rachen der Mineralölkonzerne geflossen ist. Statt allen die gleichen Entlastungen zukommen zu lassen, egal ob gutverdienend oder geringverdienend und ob sie überhaupt für alle sinnvoll sind, braucht es endlich ein Bürgergeld, das seinen Namen verdient. 50 € Erhöhung sind schön und gut, aber die decken nicht einmal die Teuerung der Lebensmittel.
Und wo wir schon bei Forderungen sind, sollten wir den ÖPNV nicht vergessen. Mobilität ist eine der Notwendigkeiten, um einen Alltag gestalten zu können. Deswegen muss der Nahverkehr zum einen noch an seiner Barrierefreiheit arbeiten, zum anderen hätten wir noch eine Preisforderung für das nächste, dauerhafte Ticket. Kostenlos.

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