Hallo Freunde & Freundinnen der klassenlosen Gesellschaft. Als Teil des Bündnisses der antikapitalistischen 1.Mai Demonstration gehen wir heute gemeinsam mit euch auf die Straße, um gegen die kapitalistische Verwertungslogik der BRD, Europa und der ganzen Welt zu protestieren und auch zu kämpfen.
Zu kämpfen deshalb, weil Protest auch bedeutet, der tagtäglichen Gewalt der uns aufgezwungenen Ökonomie revolutionär entgegenzutreten. Wir als Anarchist*innen und Freund*innen der klassenlosen Gesellschaft müssen die bestehende Ordnung immer wieder ablehnen, mehr noch, sie angreifen, damit aus der Kritik an der herrschenden Klasse ein bewusstes solidarisches Miteinander hervorgeht. Konkurrenz und Profit nähren sich aus Entsolidarisierung, aus der Spaltung in Lohnabhängige und Arbeitslose, in Wohnende und Obdachlose und in allerletzter Konsequenz auch in In- & Ausländer, was in imperialistischer Tradition letztendlich immer zu nationalistischen Kriegen führt.
Zumindest in der Frage der Konkurrenz können wir Anarchist*innen schon mal sagen, dass die kollektive Aneignung der Lohnarbeit gewisse Grenzen des herrschenden Rahmens sprengen kann. Den eigenen Arbeitsplatz mit anderen in einem Kollektivbetrieb zu organisieren kann die Blutspur des Kapitals zwar nicht verhindern, wohlaber Rahmenbedingungen schaffen, aus denen wir etwas Kraft und Erkenntnisse für die Zukunft schöpfen können. Sich als Kollektiv selbst zu organisieren, um gemeinsam darüber zu entscheiden, was, wie und für welchen Preis produziert wird, kann uns daher dem Ausweg aus dieser Klassengesellschaft ein Stück näherbringen.
Diese Selbstorganisation ist jedoch das Gegenteil von dem während der Coronapandemie eingeführten Homeoffice. Angepriesen als angebliche Selbstbestimmung und freie Zeiteinteilung wird das Wohnzimmer zur Überwachungszentrale von Firmen, die mit ihren Clouds eine neue Form von Stempeluhr eingeführt haben. Mehr noch: Selbstausbeutung durch Überstunden und ständige Bereitschaften werden auch im Homeoffice immer mehr vorausgesetzt. Die ständige Vermischung von Lohnarbeit und Freizeit mit der Eingliederung der Lohnarbeit in unsere meist gemieteten „Privatbereiche“ ist einer der größten Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse der BRD in den letzten Jahren. Mit dem Infektionsschutzgesetz als Begründung wird Lohnarbeit oft ohne Ausgleich in die eigene Wohnung ausgelagert. Wo bleiben eigentlich die ergonomischen Stühle, die augenschonenden Flatscreens und die Bezahlung des eigenen Internetanschlusses für die gewerbliche Nutzung für die Firmen? Wer bezahlt uns den Strom, die Webcam und die Heizkosten?
Der Staat hat kein Interesse daran, Menschen als Menschen zu behandeln, sondern als Objekte, die man zwischen Wohnungen und Firmen hin und her schiebt. Er handelt im Sinne des größtmöglichen Profits und der nationalen Standortkonkurrenz. Um uns vor diesem kapitalistischen Irrsinn, der auch noch unseren Planeten ökologisch zerstört, zu schützen, müssen wir uns organisieren. Wie schon gesagt, können uns Kollektive im Hier und Jetzt dabei helfen, Solidarität nicht nur im Herzen zu tragen, sondern organisiert zu leben. Dies ist den Profiteur*innen des kapitalistischen Systems natürlich ein Dorn im Auge, denn Solidarität und kollektives Handeln machen uns weniger angreifbar für Versuche der Lohndrückung und Arbeitszeitausweitung oder unbezahlbare Mieten. Sie sind eine Bedrohung für die kapitalistische Barbarei, die ihr Ziel der Individualisierung zugunsten der Verwertung nicht mehr ohne Widerstand durchführen kann.
Nicht umsonst sind viele dieser kollektiven Strukturen massiv durch Repressionsbehörden bedroht oder wurden geräumt. Polizeieinsätze inkl. Falschdarstellungen sind dabei keine Seltenheit, ob selbstverwaltete Betriebe, Hauskollektive, Schulen oder autonome Zentren. Vio Me, eine selbstverwaltete Seifenfabrik in Thessaloniki/Griechenland musste z.B. mehrmals die Produktion anhalten, weil die Bullen ihnen einfach den Strom kappten. Das Kollektiv Friedel 54 aus Berlin hatte nach einer Räumung angeblich einen Türknauf unter Strom gesetzt, ganz zu schweigen von den bundesweiten Angriffen auf kollektive Autonome Zentren, Kneipen und Vereinsräume.
Daher sagen wir an dieser Stelle „Finger weg von unseren Freiräumen!!“
Kollektives Handeln bedeutet auch mit denen solidarisch zu sein, die sich ihrer Stärke nicht bewusst sind. Daher müssen wir als Revolutionär*innen über Kollektive und Szenegrenzen hinaus denken und handeln. Der Generalstreik als politisches Druckmittel muss wieder in den Vordergrund gerückt werden. Nur so können wir der allgegenwärtigen Machtkonzentration des Kapitals wirksam entgegen steuern. Hart erkämpfte Rechte der Arbeiter*innenschaft werden immer weiter mit Füßen getreten. Dieses gilt es immer wieder ins Bewusstsein zu rücken. Daher lasst uns heute ein Zeichen setzen, das dem nicht so sein muss.
Zum Schluss noch ein paar letzte Worte für die, die diesen historischen Tag der Arbeiter*innenbewegung nicht mit uns in Freiheit verbringen können, sondern dem staatlichen Gewaltmonopol im Moment vollends ausgeliefert sind.
Solidarität mit allen politischen Gefangenen! Wir denken an euch!
Für eine befreite Gesellschaft! Für den Generalstreik!